Die fliegenden Ärzte - Absturz

 

„Was denkst du wie lange du noch brauchst?" DJ´s Stimme kam undeutlich über Kopfhörer rein. David sah noch einmal auf die Uhr und hinaus. Er war kurz hinter Windora. „Ich denke ich könnte bis 16.00 Uhr in Coopers Crossing sein, falls mich die Böen nicht vorher vom Himmel fegen." Erneut musste er massiv nach korrigieren. Wieder sackte die kleine Maschine durch. Normalerweise sollte er bei diesem Wetter gar nicht fliegen, doch Esther Meadows hatte vorzeitige Wehen bekommen. Die Nomad war mit Debbie aber auf dem Weg noch Broken Hill. David hatte seine Patientin nicht alleine lassen wollen, doch es hatte sich nachher als Fehlalarm erwiesen. Geoff war allein in der Klinik und so hatte er sich trotz der nahenden Unwetterfront auf den Weg gemacht und dies schon bald bereut.

„David, das schaffst du nicht mehr! Die Front hat Coopers Crossing schon erreicht." David umklammerte das Steuerruder und versuchte gegen die starken Seitenwinde an zu kämpfen. „Lange kann ich mich hier nicht mehr halten DJ."

„In deiner Nähe liegt die Patterson-Farm." David hätte lieber Crossing erreicht, aber er konnte sich schlimmeres vorstellen als bei Sam und Emma festzusitzen. „Ich stelle dich zu Sam und Emma durch!"

David sah wieder aus dem Fenster. Unter sich sah er die Piste von Waronga nach Coopers Crossing. Er würde sich weiter westlich halten müssen um die Piste bei den Pattersons zu erreichen. „Alles klar David, Sam und Emma erwarten dich. Es regnet dort bereits sehr stark. Sam fährt zur Piste heraus und befeuert sie für dich. Wie lange brauchst du noch?" David sah hinaus. „Vielleicht 15 Minuten. Der Gegenwind ist ziemlich stark."

Die Minuten verstrichen und die Windstärke nahm weiter zu. Der Himmel verdunkelte sich zusehends und Regen setzte ein. David war ein routinierter Pilot, aber in seinem Bauch machte sich Unruhe breit. Die Sicht wurde immer schlechter und die Scherwinde nahmen weiter zu.

***

Sam lenkte den Wagen Richtung Piste und versuchte etwas zu erkennen. Die Scheibenwischer kamen kaum nach. David war ein routinierter Pilot, doch das Wetter war grenzwertig. Es konnte alles gut gehen, aber wenn ihn im falschen Moment eine Böe erwischte wurde es doch gefährlich. Er hielt an und öffnete die erste Tonne für die Befeuerung. Fünf Minuten später beleuchteten 10 brennende Tonnen die schlammige Piste und er wartete neben seinem Wagen und lauschte.

„Oscar Delta Yankee ruft Patterson-Mobil. Ist die Landebahn schon beleuchtet?" Sam griff in den Wagen hinein. „David, hier ist Sam. Die Piste ist befeuert. Wind zur Zeit böig aus Nordost. Ich kann dich bereits hören."

Sam lauschte und vernahm hinter den Wind- und Regengeräuschen das stetige Brummen des Flugzeugmotors. „Ich sehe die Landefeuer!" Jetzt konnte auch Sam die kleine Maschine sehen, sie schwankte stark und kam immer niedriger rein. Er griff zum Mikro. „David, du bist noch zu hoch!"

„Ich weiß!" Sam biss sich auf die Lippen, aber David machte das im Grunde recht gut. Die Maschine sank weiter hinab und traf die Landebahn im optimalen Winkel. Sam lächelte zufrieden und griff an den Türrahmen um einzusteigen. Doch dann sah er aus den Augenwinkeln, wie die kleine Cessna auf dem schlammigen Boden ins Schlingern geriet. Er hielt den Atem an als David die Kontrolle gänzlich verlor und sich quer stellte und überschlug.

***

"Emma! Ich brauch dich hier!" Sam sprang in seinen Wagen und raste zur Unfallstelle. Davids Maschine lag am Ende der Piste. Das Heck und ein Flügel waren abgerissen und das Cockpit war stark eingedrückt und lag auf der Seite. Er war nur froh, dass keine Flammen aus dem Wrack schlugen. Nur Sekunden später war er vor Ort. David lag leblos auf der Seite. Splitter hatten ihm unzählige Schnittwunden zugefügt. Sam war überrascht, als David unvermittelt die Augen aufschlug. "Hey David. Du bist unten." David schien zu nicken und lächelte kurz. "Jetzt müssen wir dich nur noch hier raus holen."

***

Emma hatte keine Ahnung was sie erwartete, aber die Dringlichkeit in der Stimme ihres Mannes war unmissverständlich gewesen. Erschrocken sah sie durch das regennasse Fenster das völlig zerstörte Flugzeug. Sie stieg aus und sah wie Sam eine Decke unter Davids Kopf schob.

„Wie geht es ihm?" Sam drehte sich zur ihr herum und sah besorgt aus. „Er ist übel dran. Sein Arm ist unter dem Holm eingeklemmt." Emma sah die blutige Hand, die unterm Rahmen des Fensters eingeklemmt war. „Wir brauchen deinen Werkzeugkasten." David wand den Kopf zu ihr herum. Er war wach. „David…"

„Emma! Dein Werkzeug!" Sie löste sich aus ihrer Starre und holte ihren Koffer von der Ladefläche. Dank des Regens war die Brandgefahr minimal, aber David lag seltsam verdreht in dem was einmal das Cockpit gewesen war. Emma fühlte sich an ihren Unfall am Fluß zurück erinnert. Damals war David gerade erst in Coopers Crossing eingetroffen und hatte ihr den Arm abnehmen wollen um sie zu retten. David schien ihren Blick richtig zu deuten. „Jetzt kannst du dich revanchieren Emma…" Er lächelte sie gequält an. „Ach David…!"

Sie hockte sich neben ihn, während Sam eine der tieferen Schnittwunden mit einem Druckverband versorgte. „Ich krieg dich hier schon raus David." Vorsichtig schob sie einige Trümmerteile zur Seite und tastete die Strebe ab und versuchte nicht an die verletzte Hand zu kommen..

Sie brauchten nur 10 Minuten die Strebe zur durchtrennen und zurückzubiegen. Sam hatte derweil DJ informiert und auf der Ladefläche des Wagens ein Lager hergerichtet. „In Ordnung David! Wir heben den Arm vorsichtig an und legen dir eine Schiene an." Sei nickte ihrem Mann zu und begann. David stöhnte auf und sie arbeiteten konzentriert und schnell.. Emma fixierte die Bandagen und strich David durch das Haar. „Geschafft David!"

David versuchte sichtbar seine Atmung wieder zu beruhigen und wollte etwas sagen. „Ihr… müsste meinen Koffer mitnehmen… ich werde ihn noch brauchen."

Emmas Blick wanderte herum und sie sah den Koffer neben dem Flugzeug liegen. „Machen wir David, aber erst mal holen wir dich hier heraus. Kannst du deine Beine bewegen?"

David dachte eine Sekunde nach und schien in sich hinein zuhören. „Ja, aber ich… habe Schmerzen im Beckenbereich." Sam nickte. „In Ordnung. Lass uns alles machen." Wir legen dich vorsichtig auf eine Bohle und tragen dich zum Wagen." Minuten später zogen sie David aus den Trümmern. David hielt die Augen fest geschlossen und sein Gesicht spiegelte die Schmerzen wieder, die er dabei hatte. Emma war froh als sie ihn endlich auf der Ladefläche hatten. Sam schob noch Davids Koffer hinauf und setze sich hinter das Steuer. Emma setzte sich zu David und legte ihm noch eine Decke unter den Kopf und zog die Regenplane über ihn.. Sie waren im Grunde alle durchnaß. Die Unwetterfront hatte sie nun vollends erreicht und der Regen prasselte ihr unbarmherzig ins Gesicht. Sam startete den Motor und fuhr an. Auf dem schlammigen Untergrund schlingerte er Richtung Farm.

***

„DJ, was ist los?" Jack betrat die Funkzentrale. Geoff und DJ bewachten das Funkgerät seit klar war, dass es David nicht vor dem Sturm zurückschaffen würde. Jack schüttelte sich das Wasser aus der Regenjacke. „David hat versucht bei Sam und Emma zu landen. Die Maschine hat sich überschlagen. Wir warten noch auf weitere Angaben." Geoff lehnte sich in seinem Sitz zurück. „Wie sieht es draussen aus?"

Jack schüttelte den Kopf. „Draussen geht die Sicht gen Null und die Windböen sind tückisch. Am Ende der Straße hat es bereits Hammonds Scheune zerlegt."

„Können wir die Patterson-Farm mit einem Jeep erreichen?"

„Vorläufig unmöglich. Der Fluß wird sicherlich schon über die Ufer getreten sein."

„Patterson-Mobil ruft Mike Sierra Foxtrott." Sams Stimme kam abgehackt durch den Lautsprecher. DJ drückte den Sendeknopf. „Mike Sierra Foxtrott hört Sam."

„Wir haben David befreien können, er liegt hinten auf der Ladefläche. Sein Arm sieht übel aus, vor allem die Hand scheint gebrochen. Wir bringen ihn auf die Farm. Mir wäre lieber ich hätte dich hier Geoff."

Geoff drückte den Sendeknopf. „Daraus wird wohl erst mal nichts. Die Unwetterfront hat uns voll erreicht. Es kann Stunden dauern, bis die Straßen wieder passierbar sind und die Nomad sitzt in Broken Hill fest."

„Die würde selbst ich nicht bei diesem Wetter fliegen. Geoff, wir melden uns von der Farm wenn wir sie erreichen."

Jack zog sich einen Stuhl heran. „Das wird vermutlich eine lange Nacht." Geoff nickte. Es machte ihn halbwahnsinnig nichts tun zu können.

***

Sam wischte sich den Regen aus dem Gesicht und sah ins Schlafzimmer. Sie hatten David ins Haus getragen und ins Bett gelegt. Emma kümmerte sich um ihn und zog ihm vorsichtig die nassen Sachen aus. Er griff zu einem Handtuch und reichte es ihr. Emma rieb ihn vorsichtig trocken. David hatte beim Transport das Bewusstsein verloren. „Ich rufe die Zentrale."

Der Sturm toste ums Haus und lies die Fensterläden krachen. Er hatte es nicht mehr geschafft sie zu fixieren. „Patterson ruft Viktor Charlie Charlie. DJ bitte melden!"

„Viktor Charlie Charlie hört. Wie sieht es aus Sam?"

„Wir sind jetzt im Haus. David hat das Bewusstsein verloren. Geoff, bist da?"

„Ja. Wie geht es ihm?"

„Ich weiß nicht. Die Hand sieht wirklich schlimm aus und er schien starke Schmerzen an der Hüfte zu haben."

„Hör mir zu Sam. Wir müssen genau wissen wie es ihm geht. Ihr seid jetzt unsere Augen vor Ort und müsst ihn für uns untersuchen. Nur dann kann ich euch genaue Anweisungen geben. Wir müssen wissen ob er z. B. innere Verletzung oder weitere Brüche hat."

„Gut, wartet." Sam klemmte das Funkgerät ab und brachte es in das Schlafzimmer, wo sich Emma um ihren Freund kümmerte. Emma schnitt David gerade das T-Shirt auf und sog die Luft ein, als sie seine linke Seite sah. Es großer Bluterguss war zum Teil noch durch die Hose bedeckt. Das sah nicht gut aus. „Geoff. Er hat einen großen Bluterguss auf der linken Seite."

„Sam, ich möchte dass ihr ihn abtastet. Geht alle Körperteile ab und achtet auf seine Reaktionen. Du hast mir oft genug dabei zugesehen. Hat er Kopfverletzungen?"

„Ja. Eine Platzwunde an der rechten Schläfe. Ich fange jetzt an." Er trat an Bett und half Emma auch die nasse Hose auszuziehen. Auch an den Beinen hatte David unzählige blaue Flecke. Sam brachte es schnell hinter sich und beobachtete David ganz genau. Er griff zum Mikro. „Viktor Charlie Charlie bitte kommen."

„Wir hören Sam."

„Ich konnte keine weiteren Brüche feststellen. Er hat viele Prellungen und der linke Beckenknochen könnte angeschlagen sein." So ging es weiter. Sam hielt sich an die Anweisungen und Geoff konnte sich langsam ein Bild über die Verletzungen machen. Emma beobachtete die ganze Prozedur besorgt. Am Ende legte sie David die Decke über, damit er es warm hatte.

„In Ordnung ihr zwei. Ich möchte, dass ihr ihn immer im Auge behaltet und mir jede Veränderung gleich mitteilt. Habt ihr seinen Medikamentenkoffer mitgenommen?"

„Ja der steht hier!"

„Gut! Überprüft ob alles heile geblieben ist. Vielleicht brauchen wir ihn noch. Wir werden hier sobald es geht mit Jack losfahren und schauen ob die alte Myersbrücke noch nicht überflutet ist. Aber zurzeit ist ein Durchkommen noch unmöglich aber auch dann brauchen wir mindestens zwei Stunden zu euch. Debby startet in Broken Hill sobald die Unwetterfront durch ist, allerdings ist die Prognose des Wetterdienstes nicht sehr rosig."

„Alles klar Geoff, wir kümmern uns um ihn. Patterson Ende."

***

„Das sieht nicht gut aus." Geoff drehte sich zu Tom und Kate um. Seiner Frau stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. David war mittlerweile zu einem guten Freund geworden, den sie alle nicht missen wollten. „Was meinst du damit?"

„Die Prellungen an seiner Seite könnten innere Verletzungen oder Rippenbrüche mit sich ziehen, die kann Sam vor Ort aber nicht diagnostizieren. Wir können nur hoffen, dass sich sein Zustand nicht verschlechtert."

Tom rieb sich den Nacken und wandte sich an den Polizeibeamten. „Jack, was denken Sie?"

„Die Unwetterfront braucht noch Stunden bis sie durch ist, aber mit einem guten Wagen und einer Portion Glück und Mut könnten wir versuchen durchzukommen. Es kommt auf den Fluß an und wie weit er schon über die Ufer getreten ist." Jack Carruthers blickte skeptisch in die Runde.

„Warten wir lieber noch ab. Vielleicht bleibt es nur bei der gebrochenen Hand, es wäre nicht gerechtfertigt das Leben anderer zu riskieren, wenn es bei dieser Diagnose bleibt." Tom nickte Geoff zu. Sie alle hassten ihre Untätigkeit. Kate stand auf und zog sich ihren Mantel über. „Ich gehe rüber zum Pub und frage Nancy nach einigen Sandwiches. Das wird vermutlich eine lange Nacht." Auch Geoff erhob sich. Er würde seine Frau nicht alleine da hinaus gehen lassen. „Ich begleite dich."

Der Sturm schlug ihnen mit unvermittelter Härte entgegen und er musste Kate stützen. Er musste all seine Energie aufbringen die Tür im Pub aufzustemmen und wieder zu schliessen. Drinnen schüttelten sie sich den Regen aus den Kleidern. „Geoff! Kate! Welch ein Wahnsinn bei diesem Wetter vor die Tür zu gehen!" Nancy kam heran.

„Nancy, würdest du uns ein paar Brote machen? Das wird in der Funkzentrale eine lange Nacht." Geoff nahm Kate ihren Mantel ab. „Und vielleicht ein paar Thermoskannen mit Kaffee. Wir fahren vielleicht noch raus zu Sam und Emma."

„Was ist passiert? Da raus zu fahren ist doch Wahnsinn!" Vic kam heran. „Den beiden geht es doch gut, oder?"

„Ja keine Angst, aber David leider nicht. Er musste bei ihnen notlanden und ist dabei abgestürzt." Er lehnte sich an den Tresen. „Es geht ihm nicht sehr gut."

***

Sam kam mit zwei dampfenden Tassen Kaffee aus der Küche zurück und reichte ihr einen. Erst jetzt merkte sie wie erschöpft sie war. Und kalt war es. „Ich habe den Ofen angeheizt." Sam konnte immer ihre Gedanken lesen. Sie lächelte ihn dankbar an.

Sam setzte sich zu ihr ans Bett und sie lehnte sich an ihn. „Eine schlimme Nacht!"

„Ja. So ein Unwetter hab ich hier selten erlebt." Emma nahm einen Schluck und genoß die Wärme. „Wenn nur Geoff oder Tom hier wären."

„Das würde ich mir auch wünschen, aber wir passen auf ihn auf. Laß uns nach den Medikamenten sehen." Er öffnete den Koffer und sog die Luft scharf ein. Da war so einiges zerschlagen worden. Zehn Minuten später hatten sie sich einen Überblick verschafft. „Nicht gut." Sam sah sie ernst an.

Emma sah zu David, dessen Augen noch immer fest verschlossen waren. Er stöhnte immer wieder leise und schien starke Schmerzen zu haben. Sie hatten die vielen kleinen Schnittwunden versorgt, doch für seine Hand konnten sie nicht viel tun. Sie blutete nicht mehr, war aber stark angeschwollen. „Sollten wir die Hand nicht besser kühlen? Das kann doch nicht gut sein." Sam nickte und ging in die Küche.

Emma sah zum Fenster. Eine wirkliche schlimme Nacht. Der Regen prasselte unablässig auf die Fenster und der Wind tobte um das Haus. Die Läden klapperten immer wieder und sie würde am liebsten die Decke über den Kopf ziehen und sich in Sams warme Arme kuscheln. Sie sah zu David, der den Kopf herumwarf. Das würde eine lange Nacht werden. Sam kam aus der Küche und hatte einige Eiswürfel in einem Beutel. Vorsichtig schlug er sie ein Handtuch ein und platzierte sie neben Davids stark geschwollene Hand, die sie auf einem Kissen gebettet hatten. David stöhnte auf und Emma strich ihm beruhigend durchs Haar.

„Viel mehr können wir im Moment nicht für ihn tun." Sam stellte sich hinter sie und massierte ihren Nacken. Seine Berührungen hatten etwas Beruhigendes. „Ich sollte vielleicht besser die Fensterläden festmachen. Bleib du bei ihm."

***

David hatte Schmerzen. Das war das erste, was er wahrnahm. Und Geräusche. Regen. Nur mühsam fand er in die Realität zurück und damit kamen auch die Erinnerungen an den Absturz zurück. Die Fahrt war die Hölle gewesen. Er hatte jede Erschütterung gespürt und irgendwann konnte er nicht mehr.

Er schlug die Augen auf und sah eine Zimmerdecke über sich. Er lies die Augen weiter wandern und sah Emma im Nebenzimmer stehen. Sie wandte ihm den Rücken zu und David war froh einen Moment für sich zu haben und auf seinen Körper zu hören. Sein linker Arm bestand nur aus Schmerz und David musste sich fast zwinge hinzusehen. Das sah nicht gut aus. Multiple Frakturen und Gewebeverletzungen waren zu erkennen. Emma und Sam hatten den Arm auf ein Kissen gebettet und gekühlt. Das einzige was sie hatten tun können. Er spürte dass seine linke Seite bei jedem Atemzug schmerzte, wohlmöglich hatte er sich auch einen Rippenbruch zugezogen.  

„David!" Emma kam in den Raum. „Du bist wieder wach. Wie fühlst du dich?" Sie kam hinein und stellte das Tablett auf dem Tisch ab.

„Da … da bin ich mir noch nicht ganz sicher." Er versuchte ein Lächeln, aber nach Emmas Blick schien sie es ihm nicht abzukaufen. „Ziemliche Schmerzen."

Emma setzte sich zu ihm. „Kann ich irgendetwas für dich tun?"

„Habt ihr Crossing erreicht?" David biß sich auf die Lippen als eine weitere Schmerzwelle seinen Arm durchzog.

„Ja, Geoff und Tom stehen bereit, aber sie können wegen des Sturms kein Flugzeug schicken und auch über Land ist es zurzeit zu gefährlich." Emma war die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. „Sie können nicht kommen."

Davids Gedanken rasten. Sein Blick wanderte zu seiner verletzten Hand. Sie musste versorgt werden. Er brauchte einen OP. „Wann?" Er konnte die Bitterkeit nicht ganz aus seiner Stimme verbannen.

„Vielleicht morgen früh, wenn das Unwetter nachlässt." Sam stand in der Tür. „Jack und Tom wollen versuchen mit dem Wagen durchzukommen. Debby sitzt mit dem Flugzeug in Broken Hill fest." Sam legte den nassen Hut auf einem Sessel ab. „Ich bin froh, dass du wieder wach bist David. Wir sollten Geoff und Tom bescheid geben."

David schloß kurz die Augen und atmete tief ein, als die Schmerzen ihn wieder zu übermannen drohten. „Ja. Ruf die Zentrale." David würde jede Hilfe brauchen, die er kriegen konnte.

„In Ordnung!" Sam griff zum Funkgerät. „Patterson Station ruft Viktor Charlie Charlie. Bitte kommen!"

„Hier Viktor Charlie Charlie. Sam, wie sieht es aus?" Das war Tom. Seine Stimme zu hören beruhigte David etwas. Er vertraute Sam und Emma, aber wenn es hart auf hart kam konnten sie ihm nicht helfen. „Hi Tom, David ist aufgewacht."

***

Tom hatte das Sandwich direkt zur Seite gelegt, als er das Funkgerät hörte. Auch Geoff und Kate kamen direkt heran. Er war aufgewacht! Tom atmete auf. „Das ist gut Sam. Wie geht es ihm?"

„Er hat starke Schmerzen. Er kann dich hören. Ich werde für ihn antworten."

„Gut, David. Wir kommen so schnell wie wir können. Jack bereitet bereits den Wagen vor. Ich würde gerne wissen, wie du dich fühlst. Du bist der einzige Arzt vor Ort. Wir hätten gerne deine Diagnose! Wie stark sind die Verletzungen deiner Hand?"

Es dauerte einen Moment und Tom sah zu Geoff, der ihm zunickte. Das war die beste Möglichkeit ein klares Bild zu bekommen, auch wenn er es David gerne erspart hätte. Sam meldete sich. „Er sagt die Mittelhand ist gebrochen. Multiple Brüche und Gewebeverletzungen. Sehr Starke Schwellung und Schmerzen. Die Durchblutung scheint gewährleistet zu sein."

„Ihr müsst die Hand kühlen Sam."

„Schon passiert. David meint er habe vielleicht auch eine leichte Gehirnerschütterung. Moment…" Eine kurze Pause entstand. „David sagt vermutlich hat er sich auch ein oder zwei Rippen im linken unteren Quadranten gebrochen. Das Atmen schmerzt." Tom sah besorgt zu Geoff. Das hörte sich gar nicht gut an. Wenn sich eine der Rippen in die Lunge gebohrt hatte konnte ihn das umbringen. Er würde langsam innerlich verbluten.

Tom sprach aus was alle dachten. „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Das hört sich nicht gut an."

Er griff wieder zum Mikro. „Alle klar,  David, wir beeilen uns. In der Zwischenzeit sollten wir allerdings ein paar Vorkehrungen treffen. Sam, wir sollten ihm eine Infusion legen. Ihr habt die Bestände überprüft. War ein Infusionsbeutel dabei?"

„Ja, aber ansonsten ist viel kaputtgegangen. Ich weiß aber nicht wie das geht. Ich hab nur zugesehen."

Geoff griff nach dem Mikro. „Kann David es selber machen?" Eine Pause entstand.

„Er leitet mich an."

„Gut. Geoff bleibt hier in der Funkzentrale und hilft euch bei allen Fragen. Jack und ich versuchen uns zu euch durchzuschlagen, das wird aber noch ein paar Stunden dauern. David! Wir kommen so schnell wir können."

„Er hat dich gehört! Seid bitte vorsichtig. Das sieht nicht gut aus da draußen. Patterson Station Ende." Geoff, Tom und Kate wechselten ernste Blicke. Sie wussten alle, was solche Verletzungen bewirken können. DJ versuchte es mit Optimismus: "Hört sich doch ganz gut an… ein paar gebrochene Rippen und eine gebrochene Hand. Daran stirbt man doch nicht." Er sah sich erwartungsvoll um. „Oder?" Erst jetzt schien er die Mienen der anderen wahrzunehmen. „Oder?"

„Er könnte innere Verletzungen haben. Vielleicht ist die Lunge in Mitleidenschaft gezogen. Dann kann es schnell gehen. Das mit der Hand hört sich auch nicht gut an. Tom, du solltest zusätzliche Ausrüstung einpacken. Sauerstoffgerät und OP-Set. Wer weiß was du vorfindest."

„Ich sollte mitfahren. Du wirst mich brauchen." Kate war entschlossen.

Doch Tom schüttelte energisch den Kopf. „Du bleibst hier. Es reicht wenn Jack und ich uns in Gefahr bringen. Vor Ort können Sam und Emma mir helfen. Wir wissen doch noch gar nicht ob die Brücke passierbar ist."

In diesem Moment kam Jack zur Tür hinein. „Der Wagen steht bereit. Das Wetter ist aber noch immer zu schlecht."

„Wir haben keine Wahl, Es geht David nicht sehr gut. Wir holen noch einiges aus dem Krankenhaus an Ausrüstung und dann geht’s los." Tom griff zu seiner Jacke und stand auf. „Gehen wir!"

„Passt auf euch auf!" Kate war es noch immer anzusehen, dass sie lieber mitgefahren wäre.

***

Sam hängte das Mikro wieder ein und sah zu Emma. Die nächsten Stunden waren sie allein. David hatte die Augen geschlossen und schien Kräfte zu sammeln. Die nächste halbe Stunde waren sie damit beschäftigt ihm einen Zugang zu legen. Sam brauchte mehrere Versuche bis es ihm gelang. Jetzt lief der Tropf langsam durch und ein leichtes Schmerzmittel half ihm zusätzlich.

Emma ging in die Küche und setzte einen Kaffee auf und kurze Zeit später folgte ihr Sam. Emma lehnte am Fenster und schien in der dunklen Nacht etwas zu suchen. Ein Blitz erhellte das Gelände und sie schrak zurück. Sam legte ihr den Arm um die Schultern. „Was für eine Nacht."

„Wie geht es ihm?"

„Er schläft glaube ich. Das Schmerzmittel schein ihm zu helfen."

„Hast du gemerkt wie besorgt Tom sich angehört hat?"

„Ja." Sam hatte es nicht überhören können. Dafür war er zu oft mit Tom geflogen. Ihm war klar gewesen, dass ihnen die Zeit davonrannte. Sie konnten es David nur so bequem wie möglich machen. Sam hoffte nur, dass David nicht abbaute. Schon jetzt war seine Atmung eindeutig beschleunigt.

„Sam." Emma stand noch immer vor ihm. „Manchmal zweifeln ich daran, dass es richtig war hier herzuziehen."

„Was?" Er drehte sie in seinem Armen herum. „Warum denn?"

„Wir sind so weit weg von allem. Außerdem bist du oft lange weg. Was wenn mir etwas passiert und kein Flugzeug zur Verfügung steht. Ich bin manchmal so einsam hier und jetzt bei diesem Sturm…"

„… ist unsere Farm wie eine warme Insel inmitten tosender See." Sie sah ihn irritiert an und lachte. „An dir ist ein Poet verloren gegangen." Ihr Lachen tat Sam gut. Er umarmte sie fest und sie blieben eine ganze Weile so stehen. Irgendwann löste sie sich von ihm. „Ich mache uns Kaffee."

„Wunderbar. Den kann ich gebrauchen. Ich sehe derweil nach David." Er wandte sich um und ging zurück in das Schlafzimmer. David hatte die Augen geschlossen und lag still da. Der hochgelagerte Arm war nicht weiter angeschwollen. Wenigstens etwas. Doch Davids Atem schien immer schwerer zu gehen. Er musste an Emmas Worte denken. Was, wenn sie hier liegen würde? Er lehnte sich in den Türrahmen und versuchte die trüben Gedanken abzuschütteln. Doch erst der Duft des heißen Kaffees, den Emma ihm reichte, lenkte ihn ab.

***

Sie waren seit zwei Stunden unterwegs. Jack hatte sich weit vorgebeugt und versuchte in der Dämmerung und bei all dem Regen die Straße nicht aus den Augen zu verlieren. Tom krallte sich in seinen Sitz und versuchte nicht zu deutlich zu zeigen, wie viel Angst er hatte. Obwohl es kalt war, schwitzte Jack, weil er sich so konzentrieren musste. Immer wieder verließen Flüche seine Lippen, wenn der Wagen auf der schlammigen Piste ins Schlingern geriet.

„So ein Mist verdammter!!!" Der Polizist trat in die Bremsen und brachte den Wagen schlingernd zum Stehen. Tom versuchte zu erkennen, was ihn dazu veranlasst hatte, konnte aber nur einen groben Umriss vor ihnen erkennen. „Was ist das?" Er musste schreien um sich gegen die Windgeräusche und den prasselnden Regen verständlich zu machen. Jack griff zu seiner Mütze. „Da liegt was auf der Straße. Wir müssen nachsehen!" Damit stieß er die Tür auf. Tom folgte ihm und war in kürzester Zeit durchnässt. Ein Ast lag quer zur Fahrbahn. Den ganzen Baum hatte es zerrissen. Sie brauchten fast 20 Minuten um die Straße frei zu räumen.

Wieder im Wagen goß Tom ihnen einen heißen Kaffee ein. Sie mussten wach und konzentriert bleiben und  zudem hielt der Kaffee sie warm. Inzwischen war es stockdunkel und Tom fragte sich wie lange sie wohl nach brauchen würden. Er hoffte nur, ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Innere Blutungen waren tückisch.

„Was meinen Sie Jack, wie lange brauchen wir noch?" Er musste fast brüllen.

Jack nahm den Kaffee dankend entgegen. „Es ist Wahnsinn bei dem Wetter! Wir müssten bald die Brücke erreichen. Passen sie mit auf!" Jack nahm einen Schluck. „Wenn die Brücke nicht überspült ist brauchen wir von dort aus vielleicht noch drei Stunden."

„Es geht nicht anders. Die Nomad wird bei dem Wetter noch Stunden brauchen bevor sie starten kann."

„Dann gehen wir es an!" Jack startete den Motor und sie kämpften sich weiter.

Nach 15 Minuten bremste der ältere erneut. Tom erkannte undeutlich den Fluss vor ihnen. Er kannste die Strecke ein wenig. Er hatte Emma einmal hier lang zur Farm gebracht. Damals war hier nur ein kleines Rinnsal gewesen und jetzt ergoss sich vor ihnen ein reißender ehrfurchteinflössender Fluss. Die Brücke stand noch, aber das Wasser überspülte bereits die Fahrbahn. „Was meinen Sie Jack?!"

Angeschwemmte Bäume hatten sich an den Brückenstreben verfangen und die ganze Konstruktion schwankte bedenklich. „Wir sollten nicht zu lange warten. Der Fluss kommt aus den Bergen, da kommt noch viel mehr. Vor zehn Jahren hat er mal das ganze Tal überschwemmt."

„Hält die Brücke?" Tom sah zweifelnd zu den alten Holzbalken.

Jack antwortete nicht und das sagte Tom genug. „Wagen wir es?"

„Ich bin nicht umsonst bisher hier her gefahren! Beeilen wir uns!" Jack rollte den Wagen an. Tom hielt den Atem an. Er konnte sich nur auf die Erfahrungen des Polizeibeamten verlassen. Seine Hände klammerten sich in die Armaturen und sein Blick wanderte immer wieder zu den Bäumen, die sich in die Berüstung verkeilt hatten. Sie drückten ohne Unterlass gegen die Konstruktion. „Beeilen Sie sich Jack!" Sie hatten bereits mehr als die Hälfte hinter sich und Tom wollte schon erleichtert aufatmen, als er einen Schatten auf die Brücke zutreiben sah. Ein Baum. Er würde in die Brücke knallen. „Gas! Geben Sie Gas Jack!" Er brüllte es…

***

„Viktor Charlie Charlie ruft Patterson Station. Bitte melden." Sam sah auf die Uhr. Es war bereits später Abend und noch immer war niemand eingetroffen. Sie hatten stündlich mit der Zentrale Kontakt. Tom und Jack hätten längst da sein müssen. Er sah zu Emma, die David ein kühles Tuch auf die Stirn legte. Davids Zustand war stabil gewesen, aber vor einer Stunde hatte er begonnen immer schneller und hektischer zu atmen. Sam hatte mit Geoff gesprochen. Ihre Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Vermutlich hatte eine der Rippen die Lunge verletzt, die sich jetzt mit Blut füllte.

David war bei Bewusstsein und kalter Schweiß überzog sein Gesicht. Die Infusion war längst durch und er rang immer mehr um Atem. Immer wieder verlor er kurze Zeit das Bewusstsein. Sein rasselnder Atem erfüllte den ganzen Raum und es war schrecklich hilflos danebenstehen zu müssen. Wann immer David das Bewusstsein wiedererlangte stand die Panik in seinen Augen. Er kämpfte mittlerweile um jeden einzelnen Atemzug und wurde in diesem Kampf immer schwächer und schwächer. Emma saß neben ihm und hielt seine gesunde Hand. Wenigstens das konnte sie für ihn tun.

Sam griff zum Mikrofon. „Hier Patterson Station."

„Sam, sind die beiden immer noch nicht da?"

„Nein und David …" Er stockte und sah zum Bett herüber. David war wieder weggetreten. „Geoff, er stirbt! Was, wenn die beiden es nicht schaffen?" Sam kannte die zwei Alternativen und beide behagten ihm nicht. Sie taten gar nichts und David würde an seinem eigenen Blut ersticken. Wenn es gnädig ablief verlor er bald endgültig das Bewusstsein und alles war vorüber. Eine Alternative konnte man es nicht nennen. Bei der zweiten würde er Toms Rolle übernehmen und zwar ohne entsprechende Ausrüstung. Das konnte und wollte er nicht wirklich. „Ich weiß nicht wie viel Zeit David noch bleibt. Er kämpft, aber er verliert!"

„Sam, hat David in seiner Ausrüstung ein Skalpell?" Ja das hatte er, aber… „Geoff! Ich bin kein Arzt!"

„DU bist das Beste was er hat. Er erstickt, wenn wir die Lunge nicht belüften. Die einzigen zwei Personen weit und breit seid ihr. Ich möchte, dass ihr zumindest alles vorbereitet." Geoff pausierte kurz. „Sam, ich werde dir dabei helfen. Vertrau mir!"

Emma und Sam sahen sich an. Es war Sam klar, dass er schlussendlich das Skalpell in die Hand nehmen würde. „In Ordnung, wir bereiten alles vor."

„Gut, ist David ansprechbar? Kann er dich unterstützen und dir die richtige Stelle zeigen?"

„Vielleicht kommt er noch einmal zu sich, aber auch dann ist er meist kaum ansprechbar. Wir versuchen es, wenn es soweit ist. Also, was müssen wir tun?"

***

Zehn Minuten später war alles vorbereitet. David war zu sich gekommen, doch er registrierte kaum, was Sam ihn fragte. David konzentrierte sich nur noch auf seine Atmung und krampfte bei dem Versuch Sauerstoff in seine Lungen zu bekommen. Emma saß am Kopfende und versuchte ihn zu halten. Sam hatte das Skalpell bereits in der Hand und diese zitterte vor Aufregung. Was wenn David sich zu sehr bewegte und er eine Arterie verletzte? Er wusste doch gar nicht was er hier tat…

„Sam…" Emma hielt Davids Kopf und sah zu ihm herüber. „Es kann nicht schlimmer kommen…" Sie nickte ihm zu. Nun gut.

In diesem Moment hörte er etwas. Die Tür wurde aufgestoßen und zwei völlig durchnässte Gestalten wankten in die Küche. Erleichtert lies Sam das Skalpell sinken. Tom warf den Regenmantel ab und eilte mit seinen Taschen zu ihnen. „Wie geht es ihm…?" Dann sah er das Skalpell in Sams Hand und nickte. „Ich löse dich ab Sam." Er warf einen prüfenden Blick auf David und öffnete eine seiner Tasche.

Jack schleppte eine Sauerstoffflasche hinter sich her. „Sam, er braucht sofort Sauerstoff. Kümmerst du dich?" Die Starre fiel von Sam ab, jetzt war er wieder in seinem Element. Klare Anweisungen war er gewohnt. Bei vielen Einsätzen hatte er assistiert, das war nichts Neues für ihn. Er entrollte die Schläuche und reichte die Maske an Tom, der sie David vorsichtig anlegte. „Das wird dir helfen David. Ich bin jetzt da. Gleich geht es dir wieder besser. Halt noch ein kleines bisschen durch, ja?"

David starrte ihn mit großen aufgerissenen Augen an und nickte. „Gut David. Versuch dich zu entspannen und ruhiger zu atmen."

Tom streifte sich routiniert Handschuhe über und zog eine Spritze auf. Ein Anästhetikum, wie Sam erkannte. Er betäubte die Stelle an der er schneiden würde und nahm dann ein Skalpell zur Hand. „Sam, ich brauche dich. Du musst ihn festhalten. Emma, wenn ich es sage, reichst du mir die Drainage und den Beutel. Jack. Hängen Sie einen neuen Infusionsbeutel an… dahinten." Tom hatte die Situation übernommen. Es lag nicht mehr in Emmas und seiner Verantwortung und das war gut so. Jack und Tom waren klitschnass und verschrammt, aber dies zählte nicht. Tom setzte den Schnitt an…

***

Tom arbeitete schnell und präzise. Die Aufregung und Anspannung der letzten Stunden lies er hinter sich. Jetzt kam es auf Schnelligkeit an. Er war entsetzt gewesen über Davids Zustand. Er brauchte sofort Sauerstoff, Infusionen und einen Entlastungsschnitt. Er brauchte 5 Minuten für diese Arbeit und dabei sah er immer wieder in Davids panisch aufgerissene Augen. Das Gefühl langsam zu ersticken kannte er aus anderer Gelegenheit und David hielt sich tapfer, obwohl sich Tom nicht sicher war, ob er alles mitbekam.

„So…" Er führte den Schlauch ein und das Blut aus der Lunge konnte in einen Beutel abfließen. Nur eine Minute später beruhigte sich der Atem Davids bereits, aber er atmete noch immer zu hektisch. Tom beugte sich über ihn und legte ihm die Hand an Wange und Nacken. „Ruhig David! Versuche langsamer zu atmen, es müsste jetzt leichter gehen." David war völlig erschöpft und schloß die Augen. Sein Atem kam langsam zur Ruhe. „So ist es gut. Wir schaffen das, David. Genauso wie damals im Flieger, nur schneide ich dir diesmal nicht in den Hals sondern in die Seite. Der Effekt ist aber der gleiche: Du kriegst wieder Luft."

David grinste unter Atemmaske leicht mit geschlossenen Augen. Er hatte ihn gehört und verstanden und schlug nun die Augen wieder auf. „Da…anke."

Nun nahm sich Tom Zeit sich umzusehen. „Jack, würden Sie Geoff, Kate und DJ beruhigen? Die haben uns vermutlich schon abgeschrieben." Mit Sorge sah er auf den Beutel, der sich immer mehr mit Blut füllte. Viel Blut. Tom griff zur Infusion und drehte sie weiter auf. Er musste die Blutung unbedingt stoppen. „Emma, könntest du für etwas mehr Licht sorgen?"

Tom sah zu David, der sich sichtlich beruhigt hatte. Ihre Blicke trafen sich und David schien genau zu wissen, was er dachte. Tom würde versuchen müssen das verletzte Gefäß zu vernähen, was in dieser Umgebung alles andere als leicht war. Zumindest würde er es versuchen oder das Gefäß abklemmen. David nickte ihm zu. Noch immer standen Schweißperlen auf seiner Stirn. Erschöpft schloß er die Augen und sein Kopf sackte zur Seite. Tom legte gleich die Finger an seinen Hals. Gut! Der Puls war zwar schwach, normalisierte sich aber. Er hörte Sam mit Geoff reden, während Emma eine Lampe heranholte. Tom trat kurz zur Seite und machte ihr Platz. Sam hielt ihm das Mikro entgegen. „Es ist Geoff…"

Tom nickte und drückte auf den Sendeknopf. „Geoff, hier Tom."

„Gut dass ihr da seid, Tom."

„War schwierig genug. Wir sind unzählige Male von der Piste gerutscht. Hör zu Geoff. Es geht David nicht gut. Ich werde gleich versuchen die Blutung zu stillen und das Gefäß zu versorgen. Aber er braucht Debby und die Nomad und das schnell."

„Könnt ihr ihn vielleicht über Land transportieren, der Regen hat hier schon nachgelassen?"

Tom schüttelte den Kopf, auch wenn Geoff dies ja gar nicht sehen konnte. „Selbst wenn ich ihn für transportfähig halten würde, ginge es nicht. Die Brücke ist hinter uns und fast mit und in sich zusammengebrochen." Er sah zu Jack. Das hätten sie beide fast nicht überlebt. „Wir brauchen die Nomad!"

***

Emma lehnte am Fester und sah in die dunkle Nacht hinaus, der Regen hatte etwas nachgelassen, aber der Wind lies noch immer das Haus erzittern. Wann war diese Nacht nur endlich vorbei. Sie hatten Nachricht bekommen, dass die Nomad noch vor Sonnenaufgang starten würde. Jack Carruthers saß in einem Sessel und war eingeschlafen und Sam sah draußen nach dem Rechten. Tom hatte David operiert und hielt nun bei ihm Wache. Alle hatten sich etwas beruhigt, nachdem sich Davids Zustand sichtlich stabilisiert hatte. „Emma?"

Sie fuhr herum. Tom stand müde an den Türrahmen gelehnt. „Hast du vielleicht einen starken Kaffee für mich?!"

„Sicher?" Sie wandte sich der Kanne zu und goss ihm den vorhin frisch aufgebrühten Kaffee ein. „Hier! Wie geht es ihm?"

„Er schläft." Tom nahm einen langen Schluck. „Das tut gut."

Noch immer hatte er das nasse Hemd an. „Du solltest dich umziehen. Ich hab dir drüben ein frisches Hemd von Sam hingelegt."

„Du hast recht… achtest du kurz auf David?"

„Aber sicher. Im Bad liegen auch Handtücher." Tom verschwand und Emma wanderte mit ihrer Tasse ins Schlafzimmer herüber und setzte sich in den zweiten Sessel.

In einigen Stunden würde Debby da sein und David in die Klinik bringen. Dann würden sich die Ärzte und Schwestern um ihn kümmern. Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. Sam lauschte der Atmung Davids, die viel ruhiger war als vorher. Trotzdem stand noch immer kalter Schweiß auf seiner Stirn. Tom hatte die Blutung stillen können, aber der Schaden war bereits groß. „Danke, Emma."

Die schwache Stimme riß sie aus ihren Gedanken. Sie hatte gar nicht wahrgenommen, dass David die Augen aufgeschlagen hatte. „David!" Sie rückte näher an ihn heran und stellte den Kaffee zur Seite. "Schön, dass du noch bei uns bist."

„Ja." David lächelte. "Ich auch. Wo sind die anderen?" Allein dieser Satz schien ihn bereits anzustrengen. Sam strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Du solltest nicht reden. Ruh dich aus. Jack schläft schließlich auch. Sam sieht draußen nach dem rechten und Tom zieht sich kurz um. Debby wird bald hier sein. Mach dir keine Sorgen. Hast du Schmerzen?"

David schien sich kurz verneinen zu wollen, presste dann aber ein ehrliches Ja hinaus. „Dann sollten wir etwas dagegen tun." Emma sah überrascht zu Tom,  der sich die Haare mit einem Handtuch trocknete und in der Tür stand. „Hi David. Ich gebe dir ein Schmerzmittel. Ist es die Hand?"

„Nur ein dumpfer Schmerz aber … das Atmen."

„Kein Wunder, du hast einen Schlauch in der Lunge liegen." Tom legte das Handtuch beiseite und nahm eine Ampulle aus seinem Koffer. „Versuche einfach möglichst ruhig zu atmen und nicht so viel zu reden, ok? Versuche zu schlafen."

„In Ordnung." Tom verabreichte ihm das Schmerzmittel und kurze Zeit später schloß David wieder die Augen.

Emma beobachtete Tom, der Davids Werte kontrollierte und eine sorgenvolle Miene zeigte. „Was ist los Tom? Dir macht doch etwas Sorgen."

Der Arzt atmete tief durch. „Sein Blutdruck verschlechtert sich."

***

In Broken Hill kontrollierte Debby die letzten Einstellungen in der Nomad. Sie hatte Startfreigabe, obwohl es draußen noch immer Dunkel war und regnete. Doch die Prognosen waren gut. Das Wetter klarte langsam auf und die starken Winde ließen mehr und mehr nach. Sie wusste dass der Start nicht einfach werden würde. Aber das war nichts Neues für sie. In ihrem Job kam es immer wieder zu schwierigen Situationen.

Sie lies die Motoren an und konzentrierte sich. David brauchte sie, dass hatte Geoff ihr mehr als deutlich zu verstehen gegeben. Wenn alles klar ging und der Gegenwind nicht zu stark war würde sie bei Sonnenaufgang die Patterson-Farm erreichen. Sicherlich würde es dort noch immer regnen und die Piste schlammig sein, aber die Nomad war keine kleine Cessna.

Zehn Minuten später war sie in der Luft. „Victor Charlie Charlie ruft Mike Sierra Foxtrott."

„Hier Mike Sierra Foxtrott. Wir hören Debby." Sie sah auf die Uhr. „Hallo DJ, ich bin gestartet. Ankunftszeit vermutlich um 0700. Hat Sam etwas zum Zustand der Piste gesagt?"

„Nur, dass es sehr rutschig ist. Ich stelle dich kurz vorher zu ihm durch. Er erwartet dich an der Piste."

„Was ist mit Davids Maschine?" Wenn Trümmer auf der Piste lagen konnte das gefährlich werden.

„Sie liegt laut Sam am westlichen Ende der Piste. Er fährt schon früher raus und sucht alles nach Trümmern ab. Tom ist vor Ort. David muss möglichst schonend transportiert werden."

„Ich denke die Wetterbedingungen sind bis zu meiner Ankunft wieder halbwegs in Ordnung aber einen ganz ruhigen Flug kann ich nicht versprechen." Wie zur Bestätigung musste sie mit dem Steuer stark nachkorrigieren um eine Windscherung auszugleichen. „Ich melde mich später wieder."

Die Sonne ging schon auf als sie endlich die Windora Road überflog. Die Region um den Fluß war weitläufig umschwemmt und die Brücke war ein einziger Trümmerhaufen. Über diese Straße würde sobald keiner mehr fahren. „Victor Charlie Charlie ruft Patterson-Mobil. Sam, können Sie mich hören?"

„Patterson-Mobil für Victor Charlie Charlie. Ja Debbie, ich bin hier. Die Piste ist geräumt aber sehr rutschig. Wind stark aus Nord-Ost. Gute Landung!"

„Danke Sam. Wird schon schief gehen." Debby lies die Maschine tiefer sinken und versuchte durch die regennasse Scheibe die Piste auszumachen. Dann sah sie die Leuchtfeuer. Sam hatte mitgedacht und die Landungsfeuer für sie entzündet. Minuten später lies sie die Maschine ausrollen und hielt. Sie sah zur zerstörten Cessna herüber und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie sicherte die Maschine und ging nach hinten. Sie entsicherte die Trage als Sam die Tür aufriss. „Gut, dass du da bist Debby!"

„Wie geht es David?" Sie mochte David.

„Nicht gut. Wir sollten uns beeilen." Er zog die Trage hinaus. Sie brauchten nur wenige Minuten zur Farm und Debby erschrak, als sie sah, wie schlecht es David ging.

***

Tom fixierte die Trage in der Nomad und schloß David an das EKG an. Jack und Sam würden auf der Farm bleiben und Emma würde ihn begleiten. Der Regen hatte aufgehört und der Flug nach Crossing würde nur kurz dauern. Sam drückte Emma zum Abschied. „Passt gut auf euch auf und informiert uns."

„Machen wir." Tom überprüfte besorgt den Blutdruck. Die Werte sahen nicht gut aus und die viele Bewegung beim Transport zum Flugzeug hatte ihm nicht gut getan. „Debby, beeil dich!"

Die Pilotin lies sich nicht lange bitten und startete die Motoren. „Victor Charlie Charlie ruft Mike Sierra Foxtrott. Wir starten jetzt."

Tom konnte die Antwort nicht hören. Emma setzte sich in den Sitz neben ihm. „Kann ich helfen?" Tom schüttelte den Kopf und drehte den Tropf weiter auf. Er drehte den Sauerstoff weiter hoch und beobachtete David ganz genau. „Debby, sag Geoff er soll den OP bereithalten!"

Die Pilotin beschleunigte und kurz danach hoben sie ab. Als sie ihre Flughöhe erreicht hatten wurde der Flug langsam ruhiger. Tom lehnte sich in seinen Sitz zurück und behielt die EKG-Linien im Auge. Seinem fachmännischen Auge entgingen die kleinen Aussetzer nicht. „Stimmt etwas nicht?" Emma hatte wohl seine Blicke bemerkt. David hatte das Bewusstsein schon seit drei Stunden nicht mehr wiedererlangt. Tom nickte. „Er baut zu schnell ab!"

„Das bedeutet…?" Die Antwort musste Tom ihr nicht mehr geben, als das EKG Alarm schlug. Davids Herzschlag setzte aus. Auch die Atmung versagte. Das hatte er befürchtete. Tom öffnete seinen Sicherheitsgurt und schnappte sich ein Intubationsset. „Emma, setz dich neben ihn!" Routiniert führte er den Tubus ein und steckte den Beatmungsbeutel auf. „Du musst ihn beatmen." Damit drückte er Emma den Beutel in die Hand und zog eine Adrenalinspitze auf. Nach ihrer Verabreichung begann er mit der Herzmassage. „Komm schon David!" Sein Kollege hatte die ganze Nacht gekämpft, er konnte ihn jetzt nicht aufgeben lassen. „Komm, komm, komm schon!" Plötzlich reagierte der Herzmonitor und der Herzschlag setzt wieder ein. „Beatme ihn weiter Emma. Immer gleichmäßig."

Tom ging nach vorn. „Debby, ich muss mit Geoff sprechen."

***

„Los, beeilt euch." Kate nahm Tom am Krankenwagen in Empfang. „Geoff ist bereits im OP. Er erwartet dich." Kate warf einen Blick auf David. Tom hatte sie über den Herzstillstand informiert. „Ist er stabil?"

„Ja, aber er hat zu viel Blut verloren. Haben wir Blutkonserven bereit?" Tom übergab Kate den Beatmungsbeutel.

„Ja, liegen bereit." Kate schob die Trage mit den Sanitätern weiter, während Tom abbog um sich vorzubereiten. David war ihr Freund und sie würden alles tun um ihm zu helfen, aber Kate konnte die Sorgen nicht beiseite schieben und zwinkerte die Tränen weg. Das half David jetzt nicht. Nur ihre Professionalität konnte ihm helfen. Sie schoben die Trage in den OP, wo die Anästhesistin bereits wartete. Kate konnte nicht mehr tun. Sie würde warten müssen und ging wieder hinaus. Sie zwang sich ihrem Mann und Tom zu vertrauen.

Am Flurende sah sie Emma stehen. Sie sah verloren aus und Kate beschloss nicht alleine zu warten. „Emma…!"

Ihre Freundin ruckte hoch. „Was hältst du davon, wenn wir in die Funkzentrale gehen und Sam sagen, dass ihr gut angekommen seid." Emma nickte. „Es wird sicher eine ganze Weile dauern."

Emma lies sich von ihre den Flur entlang schieben. Hätte Kate geahnt wie lange sie warten würden müssen hätte sie Emma ins Bett gesteckt. Sie war völlig erledigt. Aber so saßen sie mit DJ in der Funkzentrale und warteten. Nancy sah vorbei und brachte ihnen ein paar Sandwiches. Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen. Kate stand am Fenster, als die Sonne plötzlich rauskam und ihr ins Gesicht schien. Sie entschloss sich es als gutes Zeichen zu nehmen. „Endlich scheint die Sonne wieder."
Erschrocken wand sie sich zu Emma um. „Ja. Diese dunkle Nacht ist vorbei."

„Ob es noch lange dauert?" Emmas Ungeduld war sichtbar. Sie trommelte mit den Fingern an ihrem Hosenbein. „Nein, nicht mehr lange, Emma." Das Telefon klingelte und DJ ging ran.

„Ja? Und? Alles klar, ich geb´s weiter." DJ legte auf und wand sich um. „Sie sind fertig!"

„Ja und? Laß dir nicht alles aus der Nase ziehen DJ!"

DJ grinste breit. „Die Operation ist gut verlaufen." Er schnappte sich seine Jacke. „Ich sag gleich Vic und Nancy Bescheid." Damit verschwand er und lies die beiden Frauen zurück.

„Komm, wir gehen ins Krankenhaus."

***

"David hat die Operation gut überstanden. Er atmet wieder selbständig. Eine Einblutung an der Milz hat ihm zu schaffen gemacht. Wir konnten die Blutung aber stillen. Den Bruch haben wir gerichtet, aber wir werde David nach Broken Hill ausfliegen. Die haben dort die besseren Handchirugen. Aber erst muss er sich etwas erholen." Geoff nahm seine Frau in den Arm. Er hatte noch immer die OP-Kleidung an und die Strapazen der langen Operation waren offensichtlich."Er hat es noch nicht überstanden, aber er wird es überleben. Tom ist noch bei ihm."

Emma lehnte sich erleichtert an die Flurwand und schloß kurz die Augen. "Ihr habt euch gut um ihn gekümmert Emma." Sie lächelte dankbar. Sam und sie waren unsicher gewesen und dieses lob erleichterte sie ungemein. "Ich hatte mich so hilflos gefühlt. "Sie sah den Flur entlang.

"Kann ich ihn besuchen?" Sie wollte irgendwie sicher sein, dass es ihm gut ging.

Geoff schien mit sich zu ringen. "Er braucht eigentlich Ruhe und ist sicher noch nicht aus der Narkose aufgewacht..." Seine Frau knuffte ihn in die Seite."... aber du kannst ihn sicher kurz sehen. Komm."

Geoff führte sie in einen Raum und sie musste sich einen sterilen Kittel überziehen. Doch dann führte Geoff sie in das Zimmer. Geräte überwachten alle Werte und ein leises Piepen zeigte Davids Herzschlag an. In all den weißen Laken wirkte David immer noch sehr blaß. Seinen Hand war hochgelagert worden und ein Sauerstoffschlauch versorgte ihn mit zusätzlichem Sauerstoff. Aber Geoff hatte gesagt, er komme wieder in Ordnung.

Tom war im Zimmer und hatte sich auf einen Stuhl gesetzt. Er wirkte so müde, wie sie sich fühlte. Doch David war sein Patient, sie war sich sicher, dass es noch lange dauern würde, bis er sich Ruhe gönnen würde. "Hi Tom." Geoff schob sich hinter ihr hinein. "Nur kurz Emma, ja?" Er sah zu Tom. "Soll ich dich nicht doch ablösen?"

"Nein, ich bleibe noch hier. Ruh dich aus." Geoff nickte und schloß die Tür hinter sich. Emma zog einen Stuhl heran und setzte sich an das Bett. Tom stellte sich hinter sie und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie griff zu seiner Hand. "Geoff sagt, wir hätten es gut gemacht."

"Habt ihr. Ohne euch hätte das nicht geklappt. Ohne Jack hätte ich euch nicht helfen können und ohne Betty hätten wir ihn nicht rechtzeitig operieren können und ohne Geoff hätte er diese nicht überlebt. David hatte ein gutes Team." Tom stockte. "Und er hatte verdammtes Glück das ganze zu überleben!"

Emma wand sich herum. "Aber er hat. Das zählt."

***

Vier Wochen später landete die Passagiermaschine aus Broken Hill. Eigentlich nichts ungewöhnliches, aber dieses mal war durchgesickert, wer in der Maschine sitzen würde. David war zwei Tage nach dem Unfall mit der Nomad nach Broken Hill geflogen worden. Damals ging es ihm noch immer nicht sehr gut, doch die Operation der Hand konnte nicht weiter warten.

Tom und Sam hatten ihn einmal in Broken Hill besucht, als ein Einsatz die beiden dorthin verschlug. Sie hatten erzählt, dass er gute Fortschritte erzielte. Die Verletzung an der Hüfte hinderte ihn noch immer beim Laufen und die Hand würde noch lange brauchen. Aber Tom war ansonsten auf einem guten Weg. Die Spezialisten waren sich sicher, dass die Hand wieder in Ordnung kam.

Alle erwarteten Davids Rückkehr und DJ hatte seine Kontakte spielen lassen um den Termin zu erfahren. Kate wusste, dass David keinen großen Rummel haben wollen würde und war sich mit Geoff einig, dass sie einen großen Tamm Tamm vermeiden wollten. Vic und Nancy hatten zwar lautstark protestiert, sich aber doch gefügt. David war überall beliebt und die ganze Funkgemeinde hatte an dem Unglück Anteil genommen. Doch DJ, Kate und Geoff hatten es hinbekommen, dass nur eine kleine Abordnung am Flughafen war. Geoff hatte im Krankenhaus bleiben müssen, aber Tom, Kate, Emma und Sam hatten es sich nicht nehmen lassen.

Erwartungsvoll sahen sie wie die Maschine langsam ausrollte und hielt. Die Tür öffnete sich und zuerst stiegen zwei Geschäftsleute und eine junge Familie aus. Nach einer Pause tauchte endlich David auf. Mühsam schob er sich hinaus und Sam trat heran um ihm zu helfen. David schien überrascht zu sein, als er die bekannten Gesichter erblickte.

Sein Arm lag in einer Schlinge und ein Stock half ihm beim Gehen. Sein irritierte Blick wich einem Lächeln. "Hi." Kate beugte sich vor und umarmte ihn vorsichtig. "Hi David. Schön, dass du wieder da bist."

"Ich freue mich auch." Er sah in die Runde. "Woher wusstet ihr...?"

"Aus einem Mund antworteten seine Freunde: "DJ!"

"Hätte ich mir denken können."

"Aber wir haben dafür gesorgt, dass Vic und Nancy keine große Party schmeißen." Sam hatte sein Gepäck entgegengenommen. "Möchtest du bei dir wohnen? Geoff und Kate würden dich auch gerne aufnehmen. Zumindest, bist du wieder etwas mobiler bist."

David schien ein wenig überfordert. "Ich glaub ich würde gerne erst Einmal nach Hause."

"Kein Problem. Wir bringen dich hin." Emma hielt ihm die Autotür auf.

Eine Stunde später hatten sie ihn nach Hause gebracht und Kate hatte seine Taschen ausgepackt und verabschiedete sich. "Wenn du etwas brauchst, sag bitte Bescheid." Auch Tom schickte sich an zu gehen. "Ich hab mit deinem Arzt in Broken Hill gesprochen und übernehme die Nachsorge, wenn es dir recht ist. Sehe ich dich dann Morgen?"

"Ich werde kommen."

"Es wird noch eine Zeit brauchen, bis du wieder arbeiten kannst. Aber wir kriegen dich mit sicher auch als einarmigen Arzt integriert bis das Ding wieder richtig funktioniert." Er wand sich noch einmal um. "Es wird dich vielleicht freuen, Esther Meadows hat einen gesunden Jungen zur Welt gebracht."

"Danke Tom, das sind gute Nachrichten. Wenn du Jack siehst... richte ihm bitte auch meinen Dank aus."

Tom nickte. "Sicher."

Emma und Sam standen noch Arm in Arm im Wohnzimmer. Jack und Tom wären fasst von der einstürzenden Brücke mitgerissen worden. Das Hochwasser hatte die Farm noch lange von der Außenwelt abgeschnitten, doch mit Hilfen aus der Stadt hatten sie nach einer Woche mit dem Wiederaufbau beginnen können.

David wandte sich zu ihnen um, nach dem Tom und Kate weg waren und für einen Moment herrschte Schweigen. David war sichtlich erschöpft, lächelte trotzdem tapfer. "Ich weiß nicht ganz, was ich sagen soll?"

Emma schoßen die Tränen ins Augen und Sam ergriff das Wort. "Du brauchst nichts zu sagen David. Du bist noch da, das zählt."

Er zeigte sein verschmitztes Lächeln, dass Emma so an ihm liebte. "Danke, für alles!"

Mehr brauchte es zwischen ihnen nicht und sie alle konnten diese schreckliche Nacht hinter sich lassen. Das Leben ging weiter und sie würden noch viel Zeit miteinander verbringen. "Ruf uns, wenn du etwas brauchst, ja."

"Mach ich Emma, aber Nancy wird mich vermutlich genau wie alle anderen mit Fürsorge überhäufen. Ich denke ich bin gut versorgt."

Damit verabschiedeten sich die beiden und gingen zusammen zurück zu ihrem Wagen. "Ach Sam... was wenn auch du einmal abstürzt..."

"Dann hoffe ich, dass Glück zu haben, so gute Freunde zu haben wie David."

 

 

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